Wie der ERV Schweinfurt das Ruder herumreißen will

Christopher Schadewaldt, der sportliche Leiter der Mighty Dogs, stand unserem Medienpartner Mainpost Rede und Antwort:

Der ERV Schweinfurt wird seinen Ansprüchen derzeit nicht gerecht. Sportleiter Christopher Schadewaldt zieht Bilanz und erklärt, wie die Mighty Dogs die Runde retten wollen.

Eine schwache Vorrunde, jetzt ein Fehlstart in die Abstiegsrunde mit null Punkten nach drei Partien. Dazu ein holprig verlaufener Trainerwechsel und eine Vielzahl an Spielernachverpflichtungen im Saisonverlauf, die auch wenig Besserung gebracht haben. Die Situation beim abstiegsbedrohten Eishockey-Bayernligisten ERV Schweinfurt ist brenzlig – das weiß auch der sportliche Leiter Christopher Schadewaldt (35), der es als Spieler bis in die höchste deutsche Eishockey-Liga DEL geschafft hat. Ein Gespräch über Probleme, Verbesserungsansätze und die Zukunft.

Herr Schadewaldt, wie würden Sie die aktuelle sportliche Situation beim ERV aus Ihrer Sicht beschreiben?

Christopher Schadewaldt: Natürlich alles andere als gut. Wir haben sehr viele schlechte und nur wenige gute Spiele gemacht. Wir spielen einfach kein gutes Eishockey, machen viel zu viele individuelle Fehler, die uns Spiel für Spiel kosten. Deshalb stehen wir nicht da, wo wir hinwollten. Die Saison verläuft bislang sehr enttäuschend.

Was sind aus Ihrer Sicht die Gründe für diese Misere?

Schadewaldt: Wenn man sich das Training anschaut und dann die Spiele sieht, ist das ein Unterschied wie Tag und Nacht. Im Training geht es mit Tempo und Willen zur Sache – und im Spiel ist das dann komplett verflogen. Gerade letzte Woche gegen Peißenberg war das kampflos und ohne jeden Körperkontakt gespielt. Der Mannschaft fehlen richtige Leader, die das Heft mal in die Hand nehmen. Wir haben zwar Spieler, die versuchen, mit Leistung voranzugehen, aber niemanden, der die übrigen Jungs auch mal durch eine entsprechende Ansprache mitnimmt.

Als Sportleiter waren Sie ja an der Zusammenstellung des Kaders beteiligt. Würden Sie sagen, dass Sie hier eine Mitschuld trifft?

Schadewaldt: Ein klares ja. Auch von mir hat es hier Versäumnisse gegeben. Wir haben von einigen Spielern, die wir verpflichtet haben, deutlich mehr erwartet. Es muss in Zukunft stärker darauf geachtet werden, dass die Mischung der Charaktere im Team stimmt. Es wird für die kommende Saison Veränderungen auf allen Positionen brauchen. Wir schauen da in den kommenden Spielen ganz genau hin, auf welche Spieler wir in Zukunft setzen werden und bei wem sich die Wege trennen müssen.

Noch ist das Minimalziel Klassenerhalt ja zu realisieren. Wie hart würde den Verein ein Abstieg treffen?

Schadewaldt: Das wäre fatal. Die Landesliga ist aus meiner Sicht nicht interessant mit den ganzen Ausländern, die da spielen. Aber nicht nur für uns als Verein, sondern auch für das Eishockey in der Region wäre es sehr schlecht, wenn nach dem Rückzug von Bad Kissingen dann kein Verein mehr in der Bayernliga vertreten wäre. Daher hat der Klassenerhalt allerhöchste Priorität. Je eher, je besser. Denn wir arbeiten ja schon mit Hochdruck an der Planung der neuen Saison – und sind dabei, die Fehler dieser Spielzeit auszumerzen.

Der Trainer wurde bereits gewechselt. Dazu sind etliche Spieler im Saisonverlauf nachverpflichtet worden. Welche Möglichkeiten sehen Sie jetzt noch, die Situation schnell zu verbessern?

Schadewaldt: Zum Glück ist ja noch nichts passiert. Wir wollten einen der ersten beiden Plätze in der Abstiegsrunde erreichen. Das noch zu schaffen, ist zwar schwer, aber nicht unmöglich. Wenn wir an diesem Wochenende sechs Punkte holen, kann sich auch schnell eine Dynamik entwickeln. Das Potenzial hat die Mannschaft. Wir haben in dieser Woche daran gearbeitet, die Köpfe frei zu kriegen. Jetzt muss sich die Mannschaft über das kleine Einmaleins des Eishockeys wieder heranarbeiten. Die Gier nach Punkten muss wieder spürbar werden. Es geht jetzt nicht darum, schön zu spielen. Die Mannschaft muss über den Kampf und den Teamgeist zurückkommen. Das ist sie sich selbst, vor allem aber auch den Fans schuldig.

Stichwort Neuzugänge: Pierre Kracht und Eriks Ozollapa sind erst seit kurzem da. Die Spieler, die nach dem Rückzug von Bad Kissingen verpflichtet wurden, schon seit Anfang Dezember. Auch Ihnen gelang es bisher kaum, Impulse zu setzen. Oder?

Schadewaldt: Das ist richtig. Die Jungs kamen unfit, da sie aufgrund der Situation in Bad Kissingen kaum trainieren konnten und hatten keinen Rhythmus. Dennoch hatten wir uns von ihnen mehr erwartet. Das gilt aber insgesamt für fast alle Spieler im Kader. Die Jungs aus Kissingen kamen natürlich auch zu einem schlechten Zeitpunkt, zu dem es bei uns schon nicht lief, die Trainersituation unklar war. Aber auch hier ist festzuhalten, dass keiner dabei ist, der sagt, ich reiße das Spiel jetzt mal an mich. Wenn ich sehe, dass am letzten Sonntag einer der jüngsten im Team, Lucas Kleider, hart gefoult wird und auf dem Eis liegen bleibt – und keiner geht zu dem Gegner hin und macht sich für den Jungen stark, kann ich das nicht verstehen. Unter Teamstärke stelle ich mir etwas anderes vor. Aber das gilt auch wieder für alle, nicht nur für die Neuen.

Teilweise fragt man sich, warum nicht mal der ein oder andere Spieler eine Denkpause erhalten und das Spiel von der Bank aus betrachtet hat.

Schadewaldt: Zuletzt gab es dafür wenig Möglichkeiten, da wir einige Verletzte oder Kranke hatten. Wenn sich Fehler weiter häufen, wird das aber sicher in den kommenden Spielen dem ein oder anderen blühen. Mit der Verpflichtung von Ozollapa haben wir ja auch noch mal den Druck auf die Kontingentspieler erhöht. Keiner kann sich mehr ausruhen. Ich denke, Eriks wird noch wichtig für uns werden.

Sie selbst sind häufig nicht bei den Spielen. Warum?

Schadewaldt: Ich mache gerade eine Schiedsrichterausbildung. Das ist ein Traineeprogramm, das auf drei Jahre angelegt ist. Es war von Anfang an mit dem Verein abgestimmt, dass diese sehr zeitaufwändige Ausbildung bei mir Priorität hat. Ich bin teilweise das komplette Wochenende unterwegs – pfeife als Hauptschiedsrichter in der Oberliga und der Nachwuchsliga DNL. Möglicherweise besteht die Chance, sogar mal DEL zu pfeifen. Diese Chance möchte ich unbedingt ergreifen, auch wenn es mich selbst ärgert, dass ich die Spiele dadurch oft nicht anschauen kann.

Wenn dieses Programm auf drei Jahre angelegt ist: Inwieweit macht es dann Sinn, dass Sie auch in Zukunft die Position des Sportleiters beim ERV bekleiden?

Schadewaldt: Ich bin da bereits in Gesprächen mit dem Verein. Wenn die Saison gut gelaufen wäre, hätte man das sicherlich so fortführen können. Ich habe mir aber halt eine Scheiß-Saison ausgesucht. Die Position ist aus meiner Sicht enorm wichtig und ich kann sie so nicht komplett ausfüllen. Ich denke, es ist für alle sinnvoller, wenn ich dem Verein in Zukunft nur in beratender Funktion zur Verfügung stehe.

Quelle: Mainpost

Foto: Photoart Roland Körner